Klaus Diederichs neuer Weltmeister & Ingo Ehrlicher bester Deutscher
Klaus Diederichs holt mit Diego Negri und Jamie Lea Gold - Philipp Ocker, Florian Grossser und Oliver Davies sichern sich den Korinthian -Titel
©Tom Körber
Kühlungsborn. 12.-17. Juni. Von Welle über Wind zu Flaute und Champagner Brise war alles dabei in einer Woche Weltmeisterschaft vor dem Ostseebad Kühlungsborn, mit deren Titelgewinn Klaus Diederichs nun als Doppelweltmeister in die hall of fame der Drachensegler eingeht.
Zusammen mit Jamie Lea im Vorschiff und Diego Negri als Taktiker gewinnt der in England lebende Drachencrack nach der Marbleheadtrophy im Mai nun auch die Weltmeisterschaft der Internationalen Drachenklasse, nach dem Sieg der WM 2013 in Weymouth und Bronze 2019 in Fremantle sein insgesamt dritter Podestplatz bei einer Drachen WM. Weltmeister in der Korinthian Wertung wird auf Gesamtrang 8 der am Starnberger See beheimatete Philipp Ocker mit Florian Grosser und Oliver Davies. Platz 2 belegte in der Profi-Wertung der für die Türkei startende Doppelweltmeister Andy Beadsworth. Eigentlich im letzten Rennen mit ‚black Flag‘ bedacht, am Ende aber doch gewertet, sicherte er sich mit Segelprofi Simon Fry und Arda Baykal die Silbermedaille. Bronze ging an den amtierenden Europameister Wolf Waschkuhn aus der Schweiz, der zusammen mit Joao Vidinha und Charles Nankin segelt. Bester Deutscher in der Profiwertung und am Ende auf jeden Fall Sieger der Herzen wird auf Platz 4 Ingo Ehrlicher (GER 77) mit Taktiker Malte Philipp und Trimmer Michael Lipp. Das Team hatte die bittere Pille zu schlucken, dass sie exzellent gut, faktisch aufs Podest gesegelt waren und dann unbeteiligt über den ‘grünen Tisch’ wieder enthoben wurden.
Es war eine Woche der Variationen und der spannenden Kämpfe – vom Start über die Schenkel um die Tonnen bis zum Ziel wurde Boot für Boot hart gearbeitet und das Maximum herausgeholt. Nie war der Ausgang gewiss, Taktik, Bootshandling und Bootsspeed waren mal bei dem einen, mal bei dem andern Team um das entscheidende »Mü« besser. Bis zum letzten Tag war nicht klar, wie die WM ausgehen würde. Zwar hatte sich vorne mit Klaus Diederichs, Andy Beadsworth, Wolf Waschkuhn, Ingo Ehrlicher, Graham Bailey, Peter Gilmour und Pieter Heerema ein Spitzenfeld abgesetzt – spätestens eine Blackflag– und davon gab es einige, oder auch nur eine Entscheidung für die falsche Seite wirbelten die Ergebnisse wieder durcheinander. »An amazing week, but not easy, particulary for the tactisians« resumierte entsprechend der neue Weltmeister, dem schlussendlich die konstanteste Serie gelang und die er passend mit einem ersten Platz im letzten Rennen krönte.
Seglerisch hatte die Drachen Weltmeisterschaft in Kühlungsborn am Sonntag mit strahlendem Sonnenschein und leichten Winden begonnen. Gleich das erste Rennen zeigte, dass die WM eng und taktisch herausfordernd werden würde – während beispielsweise Andy Beadsworth und der America’s Cup Veteran Peter Gilmour auf der eine Seite kämpften, setzte der dänische Haudegen Frank Berg auf auf links und gewann das Auftaktrennen. Dass Kühlungsborn auch Wind und Welle kann, bekamen die 51 Crews aus 13 Nationen an Tag 2 zu spüren. Bei einem Frontdurchgang mit Böen bis zu 40 Knoten retteten sich die meisten Drachensegler in den schützenden Hafen. Kaum drin ging es wieder raus für zwei fantastische Wettfahrten bei ordentlich Wind und Welle.
»Wie vor dem australischen Fremantle«, schwärmte Peter Gilmour, der seine dortigen Trainingsvorteil in einen Tagessieg umsetzte und beide Rennen des Tages gewann. Bei mittleren Winden zeigte schließlich Graham Bailey, dass auch alte ehrwürdige Damen den neuen GFK Booten um die Ohren segeln können: Mit der frisch renovierten königlichen ‚Bluebottle‘ segelte er am dritten Tag bei mittleren Winden zwei vierte und stand abends als Tagessieger auf dem Podest. Die ,Bluebottle´– einst ein Hochzeitsgeschenk des Island Sailing Yacht Club an Ihre Majestät Königin Elizabeth II. und Seine Königliche Hoheit Herzog von Edinburgh – segelte in Kühlungsborn die erste internationale Regatta seit ihrer Restaurierung und Reaktivierung in 2021 – anlässlich des 70. Thronjubiläums der Queen. Nach dem gekonnten Aufschlag als Tagessieger katapultierte erst die Blackflag im letzten Rennen das Boot mit dem königlichen Esprit runter auf Platz 5.
Den Tag Flaute in der Mitte der WM-Woche machte Wettfahrtleiter Nino Smueli tags drauf mit drei angesetzten Wettfahrten wieder wett. Segeln bis in die Abendstunden mit anschließendem WM-Dinner: quasi das vollkommene Menü für einen perfekten Tag. Der österreichische Korinthian Christoph Skolaut, dem schon zu Wochenanfang ein dritter Platz gelungen war, fuhr sich mit 17-3-1 gut nach vorne. Mit 4-21-3, zeigte aber auch der Däne Jens Christensen, bei dem der ehemalige World Sailing Präsident Kim Andersen in der Crew war, dass mit ihm noch vorne zu rechnen ist. Nach einer Blackflag am Finaltag strich die Crew dann allerdings die Segel und trat nicht weiter an. Tagessieger an diesem langen Renntag wurde mit der fantastischen Leistung von 2-5-7 punktgleich mit den späteren WM Gewinnern Klaus Diederichs die späteren schnellsten deutschen und Sieger der Herzen GER 77 Ingo Ehrlicher mit Malte Philipp und Michi Lipp.
Aus deutscher Sicht beachtlich sind auch die Platzierungen von Olaf Sternel, der mit dem Rostocker Mario Wagner und Stefan Waack segelte. Mit 4-6-6- in den letzten drei Wettfahrten erreichten sie als Gesamtzehnte genau ihr Traumziel „Top Ten“. Nicola Friesen, die einzigen Steuerfrau im Feld, landete zusammen mit Vinci Hoesch und Kilian Weise auf Platz 12.
Text: Sina Wolf
Bilder: ©Tom Körber